Es war ein Dorf in Kosova

Arif Demolli

Es war ein Dorf in Kosova

Die Lebenden und die Toten meiner Kindheit

Deutsche Erstübersetzung aus dem Albanischen von Basil Schader

2011

Gedächtnis der Völker (GdV)

Große Broschur, 400 Seiten

ISBN 978-3-03740-262-7

Preis CHF 37.00
(bei Online-Bestellung: 20.00 CHF)

Preis EUR 35.00
(bei Online-Bestellung: 20.00 EUR)

 

In der abgeschlossenen Welt des Dorfes Murrizaja im östlichen Kosova leben die Toten gleichberechtigt zwischen den Lebenden. Die Kindheit des Erzählers in den 1950er-Jahren ist geprägt vom Volksglauben an Hexen und Vampire, von Tradition, Armut und ländlicher Idylle, von verträumten Stunden beim Ziegenhüten und seltsamen, rätselhaften oder erschreckenden Erlebnissen. Vom Dorfleben in Murrizaja zeugen heute nur noch ein paar verlassene Hausruinen und die umgesunkenen Grabsteine auf dem Friedhof der Derwische, überwuchert von kniehohem Gras.
Arif Demolli ist einer der wichtigsten Autoren des jungen Staates Kosova. In seinen poetischen, humorvollen und warmherzigen Geschichten zeichnet er das Bild einer versunkenen Welt – fremdartig, bezaubernd und stellenweise merkwürdig vertraut.

«Natürlich. Das, was ich suche, lebt so nur in meinen Erinnerungen. Für die, die Murrizaja damals nicht gekannt haben, ist es nur ein Märchen, ein schwer zu glaubender Traum. Ich aber kann nicht von meinem Dorf lassen, kann nicht zusehen, wie dies alles untergehen, sich verflüchtigen und aus dem Gedächtnis verschwinden soll. Dies ist der Grund, weshalb ich all dies aufgeschrieben habe: Damit das Dorf meiner Kindheit weiterlebt, und sei es auch nur im ewigen Reich der Mär­chen.» Arif Demolli

«Es war ein Dorf in Kosova» stand auf der Hotlist 2011 - Preis der Independentverlage.

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Ebenfalls erhältlich:

Bodoni Blatt Neue Folge Nr. 151-2: «Diese Wolke»

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Pressestimmen

«Nicht ein Idyll, sondern das Nebeneinander von nüchternem Bauerntum und magischem Volksglauben beschreibt Arif Demolli in seinen Erinnerungen. Es sind poetische, aber nicht beschönigende Miniaturen über ‹die Lebenden und die Toten meiner Kindheit›. Basil Schader hat sie sorgsam aus dem Albanischen übertragen und mit einem kurzen Nachwort und nützlichem Glossar historisch erschlossen. (...) Arif Demolli hat mit seinem Buch nicht nur seine Kindheit vor dem Vergessen gerettet, sondern auch eine historische Lebenswelt. Wo Murrizaja stand, wuchert heute der Schlehdorn.» Andreas Ernst, Neue Zürcher Zeitung

«Dem Autor gelingt es dank seiner bildstarken Sprache den Lesenden einen vertieften Einblick in die materielle und immaterielle Welt der älteren Generation der heutigen kosovarischen Bevölkerung zu geben. (...) Das Buch ist ein Vermächtnis eines kulturellen Reichtums, der aufgrund von politischem, sozialem und ökonomischem Wandel zum Teil verschwunden ist.» Baobab Books Empfehlungen

«Arif Demolli erweckt im Buch ‹Es war ein Dorf in Kosova› seine Kindheit in schönstem Erzählsingsang zum Leben. «So lebten, liebten und starben die Menschen von Murrizaja in der festen Überzeugung, dass ihr Dorf das beste und schönste auf der ganzen Welt sei.› Nein, nicht nur sie: Wer dieses Buch, diese Ode an ein Dorf gelesen hat, wird ihnen begeistert zustimmen. Arif Demolli hat dem Dorf seiner Kindheit ein literarisches Denkmal gesetzt, das ans Herz geht. (...) Arif Demolli erzählt im singenden Tonfall des Rhapsoden, was er selber in den Fünfzigerjahren erlebt hat und was ihm erzählt wurde. Erzählen als Rettung: denn das Dorf gibt es so nicht mehr. Erst kam der Fortschritt, die Strasse, die Elektrizität, die Abwanderung in die Städte. Und dann kam der Kosovokrieg, an dessen Ende das Dorf sich fast ganz entvölkert hat. Demolli sieht das Heute mit einer Bitterkeit, die scharf kontrastiert zum herzerwärmenden Ton seiner Kindheitserinnerungen. In einer schmerzlichen Vision sieht er am Ende die ‹beiden wirklichen Armeen› aufmarschieren, die dem Dorf den Garaus machen werden: von den Bergen her der Vormarsch der Haselsträucher, Ahorne und Eichen, vom Bach unten her der Triumphzug der Schlehen. ‹Verschwunden werden die Menschen sein› – sein Buch hält sie lebendig.» Peter Surber, St. Galler Tagblatt

«‹Es war ein Dorf in Kosova› beschreibt das Leben und Aufwachsen des Autors Arif Demolli in einem abgeschiedenen Dorf im Osten von Kosova. In der Art eines Mosaiks von 48 Kapiteln oder Geschichten schildert der Autor, wie er sich in der von Aberglauben, Magie und Armut geprägten Welt orientiert und zurechtfindet.
‹All das ist nicht nur literarisch gut komponiert, ethnologisch spannend und psychologisch gut erfasst, sondern auch menschlich berührend und sympathisch›, beschreibt Basil Schader seine Motivation, das Buch einem deutschsprachigen Publikum zu übersetzen. Der Zürcher Übersetzer lernte den Autor anlässlich einer Tagung in Kosova kennen und bekam dort sein Buch geschenkt: ‹Ich wusste, dass dies nicht nur ein literarisch hochstehendes albanisches Buch ist, sondern eines, das auch ein Schweizer Publikum interessie­ren wird, weil es so warmherzig, eindrücklich und authentisch von einer dörflichen Welt berichtet, wie sie bei uns ebenfalls Realität war, wenngleich eher vor hundert als vor fünfzig Jahren.›
Eindrücklich, so Schader, seien die Erzählungen aus den frühen Kindheitsjahren, in denen tiefe und traumatische Ängste den kleinen Jungen plagen. ‹Erfrischend sind die humorvollen Episoden wie z. B. die Kapitel über den missglückten Versuch, einen Hagelschauer zu bannen oder über manche Originale, und berührend sind unter anderem jene Stellen, in denen die tiefe Armut und der Zusammenhalt der Dorfbewohner zum Thema wird.›» Stefan Böker, Kreuzlinger Zeitung

«Das Buch ist gut geschrieben und übersetzt. Man kann es als Fundgrube für ethnographische Details von der Subsistenzwirtschaft bis zum Volksglauben, als historisches Zeitdokument oder einfach als literarisches Werk lesen – Hauptsache, man liest es.» Michael Schmidt-Neke, Albanische Hefte

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Pressestimmen aus Kosova

«Auch wenn Arif Demolli lange Jahre als Mensch wie auch als Autor unter einem bitteren Schicksal leiden musste, ist er doch fraglos einer unserer grössten Schriftsteller. (…) Der Roman ‹Die Lebenden und die Toten meiner Kindheit› ist bis jetzt sein Hauptwerk. Es ist in erster Linie eine lebendige und harmoni¬sche Erzählung über die Kinderjahre des Autors. Realität und Fiktion verschmelzen, Lebende und Tote leben friedlich nebeneinander, und stets ist im Hintergrund die tiefe Angst spürbar, welche sich nicht nur im täglichen Existenzkampf, sondern auch im Wesen einer Dorfgemeinschaft begründet, in der viele ar¬chaische Elemente und Relikte fortleben.
Beschrieben wird dies in einer ausserordentlich reichen Sprache, die überdies von feinem Humor und oft von Ironie, aber auch von Lyrik und Schwermut angesichts einer untergegangenen Welt geprägt ist. (…) Vom Genre her ähnelt ‹Die Lebenden und die Tote meiner Kindheit› Kadares ‹Chronik in Stein›; mit Blick auf das magische Element und die künstlerische Umsetzung des Lebens in einem völlig abgeschnittenen Dorf erinnert uns das Buch freilich auch an Gabriel Garcia Marquez ‹Hundert Jahre Einsamkeit›.» Abdullah Konushevci, Victoria

«In ‹Die Lebenden und die Toten meiner Kindheit› mit seiner Verschmelzung von realer und Traumwelt geht es um die grossen Themen des Lebens und des Todes, des Individuums und der Welt. (…) Neben tief gründenden Ängsten bringt der Erzähler, ein wahrer homo ludens albanicus, mit feiner und nie auf¬dringlicher Ironie auch das Allgemeingültige seiner Dorfgenossen zur Sprache: Wenn man schon von unserem Planeten als globalem Dorf spricht, wieso sollte man nicht umgekehrt Murrizaja als Kosmos in nuce gelten lassen?» Mensur Raifi, Mozaik letrar I; Peja: Dukagjini

«Beim Lesen von Arif Demollis Prosa fällt zuallererst die Gewissheit auf, es hier mit Literatur im besten Sinne zu tun zu haben. (…) Im Roman ‹Die Lebenden und die Toten meiner Kindheit› erfolgt die Darstellung vordergründig durch die Augen eines Kindes. Und doch ist klar, dass hinter dem kindlichen Ich-Erzähler die reife intellektuelle und psychophysische Erfahrung des Autors steht, gleichsam als Wissensfundus und untrennbares Element des Selbstbewusstseins dessen, der erzählt. (…) Art und Strategie des Erzählens in diesem Buch erfüllen eine zentrale Funktion, indem sie die Grenzsteine zwischen Realität und Fiktion setzen, die Dimensionen von Murrizaja als Welt für sich bzw. als Märchen¬welt festlegen, das literarische Ambiente (bzw. das durch diese Welt geschaffene Mysterium und die Neu¬gierde) initiieren. (…) So sehr der Autor sein Murrizaja zum Gravitationszentrum seiner Welt werden lässt, so wenig trägt dieses Zentrum doch Züge einer realitätsfremden, fantastischen oder irrealen Schöpfung. Die Vorherrschaft der reinen Schilderung ist von allem Anfang an unübersehbar. Dies führt uns auch dazu, den Roman dem Genre der Chronik zuzurechnen, deren Aufgabe das Registrieren und Festhalten von Ereignissen und Personen in einer bestimmten Zeit und einem bestimmten Raum ist. (…) Mit seiner erfrischenden Welt von Charakteren und Situationen, die in einer reichen und gepflegten Spra¬che beschrieben werden, präsentiert sich ‹Die Lebenden und die Toten meiner Kindheit› als ein lebendiges Schaubild der menschlichen Existenz überhaupt, als symbolische Welt für sich (…).» Kujtim Rrahmani